#62 “2015…”

Es geht nicht anders.. irgendwie musste es doch einmal besprochen werden. Afghanistan. Die Situation ist heikel, kompliziert, emotional und vermutlich lange Zeit ungelöst.

Hier haben wir darüber gesprochen, welche Faktoren “Krisen” prägen: Verwissenschaftlichung, Moralisierung und Polarisierung. Wenden wir das auch auf diese Krise an, so zeigt sich 1. eine Verwissenschaftlichung, die die Vergangenheit beschreibt, die Fehler analysiert und im Zuge einer “hätte”, “würde” und “müsste” Debatte verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufzeigt.

Die Moralisierung entsteht durch Bilder, Videos, Einzelschicksale. Über klare Abgrenzungen zwischen unmenschlichem und menschlichem Verhalten. Zwischen Gut und Böse, Aufnahme und Abweisung bzw. Abschottung.

Drittens folgt die Polarisierung. Ein Ultimatum lässt keinen Spielraum zu, keine Grauzonen. “Wenn nicht XY passiert, dann …”

Aber: geht das überhaupt? Kann man nicht-emotional und nicht-moralisch über diese Krise sprechen? Es ist auf jeden Fall nicht leicht.

Auf der einen Seite erleben wir eine nie dagewesene Abkehr von der Genfer Flüchtlingskonvention, von Menschen- und Asylrechten und von einer “angstfreien” Debatte. Da gibt es diejenigen, die aus Angst vor den möglichen Folgen, die 2015 die AfD so stark und den Rassismus und Nationalismus in Deutschland wieder salonfähig gemacht haben. Da fällt schon mal schnell der Satz: “2015 darf sich nicht wiederholen”.

Aus Angst vor der AfD, vor den Populist:innen, den Nationalist:innen und den Extremist:innen wird in Kauf genommen, dass eine sachliche Debatte über Flucht, Asyl und Verantwortung kaum noch möglich ist. Und das in dem Land und auf dem Kontinent, die in den vergangenen 150 Jahren von Flucht und Asyl, von Tod und Vertreibung, von Hass und Hetze geprägt waren.

Lösungen können wir nicht liefern. Die Komplexität nicht greifen. Aber womit wir uns beschäftigen können und was wir verändern können, sind die Debatten in unserem Land. Die Situation hier vor Ort.

Ja, der Begriff der “Ortskräfte” ist vielleicht undefiniert. Und vielleicht auch “zu weit” gefasst. Aber Entscheidungen mussten getroffen werden und im Zweifel siegt (hoffentlich) die Menschlichkeit. Also wurde der Kreis derjenigen, die wir retten können und die wir als “Schutzbedürftige” einstufen erweitert.

Aber wir dürfen auch nicht die Realität, die Bürokratie und Verwaltung hier vor Ort außer acht lassen. All diejenigen Menschen, die in den Behörden und Einrichtungen arbeiten und die die Situation dann bewältigen und Dinge umsetzen müssen. Unser Gesetz, unsere Verordnungen sind (leider?) unflexibel und starr.

Wie muss ich jemanden, verwaltungstechnisch, behandeln, der weder “Ortskraft”, noch ein Visum oder einen Asylantrag stellen konnte, weil er im Eifer des Gefechts ausgeflogen werden musste.

Kann man da Grauzonen gehen? Sollte man das? Und wie entscheide ich mich in einer ähnlichen, aber doch ganz anderen Situation?

Hinzu kommt noch der Aspekt, dass zwischen unserer Aufnahme und der Veröffentlichung mehr Zeit als sonst vergangen ist. Wir werden also sicherlich nochmal darüber reden. #nachreichung

Wenn euch diese Folg gefällt, hört doch mal unsere anderen Folgen an! Schaut doch mal auf der Webseite der Europäischen Akademie Otzenhausen vorbei!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert